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Manchmal liegen Glück und Unglück sehr nah beieinander. Und die letzten 15 Monate haben mir das so deutlich gezeigt, dass ich nicht selten dachte, weniger deutlich kann manchmal auch mehr sein, liebes Leben… Aber eins nach dem anderen. 

Fast backward zu September 2021. Mein großes Glück, den Mann meines Lebens gefunden zu haben, gipfelte in gleich zwei Höhepunkten: Zwei Hochzeiten, zwei rauschenden Festen, zwei glücklichen Familien. Unser großes Glück, gleich zwei Länder zur Heimat zu haben. Was danach kam, war – leider – notwendig. In der Retrospektive. Natürlich kommt niemand auf die Idee, sich während einer schweren Erkrankung darüber zu freuen. Hinterher aber, heute und jetzt, bin ich sehr dankbar für diese Erfahrung. Ich durfte ihn in Ruhe gehen, weil ich auf einem sehr stabilen privaten und beruflichen Gerüst stehe, mit Menschen, die mir in dieser Zeit mit viel Verständnis, Zugeständnissen und Geduld begegnet sind. Auch dafür bin ich von Herzen dankbar. 

In den letzten 15 Monaten hat mich Post Covid so niedergestreckt, dass das Jahr zu einer Geduldsprobe auf allen Ebenen wurde. Nicht nur für mich, sondern auch für mein Umfeld. Noch vor einem Jahr hatte ich mit Sprachstörungen zu kämpfen, konnte meinen Alltag nur auf einem extrem auf basics reduzierten Niveau bestreiten und brauchte Monate, genauer gesagt eine sehr unangenehme Reha im April 2022, um endlich den Nebel in meinem Kopf zu lichten und eine Antwort auf die Frage, was eigentlich los ist, zu bekommen. Ich musste alles in meinem Leben runterfahren und vor allem meinen Beruf quasi auf Eis legen. Je komplexer die Aufgabe, von Kochen, bis hin zu Autofahren und schließlich Bücher und Noten lesen und am Instrument üben, desto weniger war ein Jahr lang möglich. Die Konsequenz war, jedes kleine und große Projekt absagen zu müssen. Jeden Tag neu zu greifen. Was gestern ging geht heute vielleicht nicht, dafür aber morgen wieder. Im Oktober letzten Jahres, 2022, war der erste Lichtblick am Ende des Tunnels zu sehen: 30 Minuten täglichen Übens waren möglich, 30 Tage lang, für ein Konzert von 30 Minuten. (DANKE, Markus) Dass ich danach wieder Wochen lang viele Rückschritte zu vermerken hatte, kognitive Ausfälle, geringe Belastbarkeit sogar bei leichten Aktivitäten, war mir den Aufwand wert. Denn: ich konnte wieder Hoffnung fassen, dass ich eines Tages in der Zukunft (die Ärzte gingen damals von insgesamt anderthalb Jahren aus) wieder vollständig genesen sein werde. Ohne diesen Lichtblick wäre diesen Herbst einiges anders gelaufen. Deutlich schlechter, auch psychisch. Zwei weitere Momente in diesem Jahr waren beruflich von großer Bedeutung. Durch meine Erkrankung im Herbst 2021 musste ich ein Jahr lang darauf warten, meine beiden CDs, zwei große Herzensprojekte zu veröffentlichen. Zwar ohne große Tour mit Konzerten und Co. – doch allein die Tatsache, diese Aufnahmen zu veröffentlichen und sichtbar zu machen, nachdem sie lange im Regal ausharren mussten, erfüllten mich mit einem unbeschreiblichen Glücksgefühl und großer Zuversicht. Außerdem hält somit die Release-Freude länger an, da die Konzerte 2023 nachgeholt werden! Endlich! 

Zum Ende des Jahres 2022 und nun Anfang 2023 sitze ich wieder regelmäßig an meinem geliebten Steinway und es durchströmt mich ein Glücksgefühl, Frieden und endlose Ruhe, diese Arbeit endlich wieder aufnehmen und genießen zu können. Wenn Musik anderen Menschen helfen kann, haben wir musikerInnen doch das größte Geschenk zur Selbstheilung erhalten. Der Klang unserer Instrumente trägt auf jeden Fall zur Genesung bei. Vor allem, wenn man einfach nur für sich zur Freude spielt. Probiert es mal aus! 

Learnings aus diesem Jahr: 

  • – Gesundheit geht vor. Klingt abgedroschen, ist aber wahr. 
  • – Dein Körper zeigt dir sehr präzise, was er braucht und wo Grenzen liegen. Höre darauf. 
  • – Grenzen sind KEINE Schwächen. Grenzen sind Zeichen, dass sich selber besser zuhören mal angebracht sein könnte. 
  • – Sich selbst, seine Bedürfnisse und seine individuelle Urstimme zu kennen, bedeutet wahre Freiheit. Gedankenfreiheit, Meinungsbildungsfreiheit, Entscheidungsfindungsfreiheit, und so vieles mehr. Sich selbst kennen bedeutet, seinen Lebensweg zu kennen. 
  • – Wieder ein wahrer Allgemeinplatz: in der Ruhe liegt die Kraft. Und: wir haben mehr Zeit für Ruhe und Auszeiten, als wir denken. Es ist okay, sie zu brauchen und sie sich zu nehmen. Jeder Mensch braucht eine andere Balance. 
  • – Trust the process.
  • – Meine Arbeit definiert nicht die Antwort auf die zentrale Frage: wer bin ich? 

Es war ein heftiges Jahr und ich bin unendlich dankbar dafür. Ich bin weit gegangen und das war wichtig. 

Treue Begleiter im letzten Jahr, denen mein tiefer Dank gilt, sind allen voran mein Mann, die größte Stütze meines Lebens, und meine Familie, Freunde, berufliche langjährige Partner wie EuroArts Music und ein weiterer, ganz wichtiger Baustein meiner Karriere, ohne den insbesondere das Jahr 2022 zu einer noch größeren Belastung geworden wäre: im Sommer 2021, kurz bevor mein gesundheitlicher Mount Everest sich mir in den Weg stellte, begann die Zusammenarbeit mit meinem Sponsor Energieteam Süd. Diesem Betrieb ist nicht nur im Namen der Firma wichtig, nachhaltige Faktoren wie den Gebrauch von Solar- und Windenergie im großen Stil oder beim Eigenheim zu verwenden. Auch privat leben die MitarbeiterInnen diesen Vorsatz im Alltag. Ob vegan, regionaler Küche, dem erforschen von Nahrung, die überall bei uns wächst und übersehen wird oder dem Solarpanel auf dem eigenen Balkon hat jeder seien Weg gefunden. So haben wir uns vor Weihnachten z.B. darüber unterhalten, dass man Weihnachtsbäume nicht nur wieder einpflanzen lassen kann (was wohl nicht allzu gut funktionieren soll, aber wie so oft ist es einfach wichtig, dass andere Wege überhaupt erst einmal ausprobiert werden) sondern man sich jedes Jahr aufs Neue den selben mieten kann. Unterm Jahr wird er gehegt und gepflegt und an Weihnachten kann man ihn bei sich zuhause genießen. Ich finde die Bilder in den Wochen nach Weihnachten immer ziemlich verstörend: an jeder Ecke häufen sich die von den Balkonen geschmissenen Tannen und liegen dann traurig vertrocknet auf den Gehwegen, bis sie irgendwann abgeholt werden. Vielleicht schmeißt nicht jeder seinen vom Balkon, aber manchmal sieht das in Berlin tatsächlich danach aus 😉 Wenn man diese Verschwendung verhindern kann, denke ich vielleicht nächstes Jahr auch wieder darüber nach. Meine Entdeckung der letzten Wochen: man kann sehr viel von den Nadelbäumen essen und z.B. zu leckerem Douglasien-Salz oder einer Fichten-Butter verarbeiten. Ausprobieren lohnt sich garantiert! 

Und – habt ihr schon einen Baum für nächstes Jahr reserviert oder liegt eurer noch am Straßenrand?

So oder so, es gibt sehr viele Punkte in unserem Leben, die wir mit wenig Aufwand nachhaltiger gestalten können.

Um diesen verbalen Ausflug abzuschließen, ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit, im letzten Jahr mit meinem Sponsor im Rücken und meinem Label an der Seite die Basis für ein erfolgreiches, gesundes Jahr 2023 gebaut zu haben und gesundheitliche Hürden überbrückt wurden. Danke von Herzen dafür. Danke für eure Geduld, für so viel Verständnis und Nachsicht. Ohne all das wäre ich jetzt nicht in der Lage, stark in dieses neue Jahr zu starten. 

Dieses Jahr startete mit ganz fantastischen Neuigkeiten, die ich bald mit euch teilen kann. Bis dahin wünsche ich euch allem voran eine stabile Gesundheit, innere Ruhe und Gelassenheit und hoffe auf eine friedlichere Zukunft für uns alle. 

Details zur Wiederaufnahme meiner Konzerttätigkeit folgen bald.